Ein Fest und ein Anschlag


© Schreibergilde der Drachenritter.

Die Autoren in der Reihenfolge ihrer Erscheinung:

Asininer Assassine, Gangrel, Arathas, Cusach (Yerho), Khisant, Takina der Gobbo, Horstos, Zeiram, Jerron, Ulrike, ManOfShei, Teria, Dreibuchstaben, Silvana, KeyKeeper, Labiler Leichenfledderer


Kapitel 2: Ein Anschlag

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"Wenn ihr euer Bad beendet habt, Sir Jerron, könntet ihr mir vielleicht helfen, mein Kleid zurückzubekommen!"

Jerron starrte irritiert auf Lady Ulrike. Das Wasser der Latrine hatte ihn wieder einigermaßen Klar im Kopf werden lassen, als er sich mühsam hochrappelte.

Lady Ulrike wandte sich an Yerho. "Entschuldigt bitte mein wüstest Auftreten, aber dort hinten ist mein Kleid verschwunden! Würdet ihr mir helfen, diesen elenden Dieb zur Strecke zu bringen?"

Ein kurzer Blick überzeugte Yerho, daß Jerron sich nicht in unmittelbarer Gefahr des Ertrinkens befand. Er deutete eine Verbeugung an.

"Natürlich, Mylady."

Der Elan, mit dem er dem flüchtenden Kleiderdieb nachsetzte, wäre sicher geringer gewesen, hätte er gewußt, welche Vision zukünftiger Ereignisse Jerron in diesem Moment ereilte ...

Ein spitzer Schrei ließ Horstos die Augen aufreißen. Ihm blieb keine Zeit, sich zu wundern, wer so freundlich war, ihn mit diesem bunten Stück Stoff zuzudecken. Da kam auch schon eine finster blickende Lady Ulrike angesprungen und schlug mit einem Besen nach ihm.

Horstos nutzte ihre zweite Ausholbewegung, um ihr das Kleid ins Gesicht zu schleudern. Währenddessen stolperte und polterte ein geschupptes Etwas in den Saal. In seiner Manteltasche hatte Horstos noch ein kleines Andenken seiner Entertainment-Zeit und mit diesem Rauchbömbchen konnte er das Durcheinander noch steigern, um unter dem Tisch durchzurollen und sich hinter einem großen Schrank zu verstecken.

Yerho rappelte sich langsam auf, während Lady Ulrike den Rauch wegwedelte. Sie sahen sich einen Moment lang verdutzt an. Dann stürmten sie auch schon wieder aus dem Saal, die offene Tür zur Linken nutzend, aus welcher Richtung "Da sind die Assassinen!!!" gerufen wurde.

Horstos dachte "Puh, das war knapp! Aber was ist hier überhaupt für ein Chaos?!" Auf den Schreck musste er erst mal 'n Schluck trinken...

Mit zwei Bechern Wein kam Horstos zurück und setzte sich Zeiram gegenüber an den Tisch. Durch den Trubel war auch dieser aus seinem trunkenen Schlaf erwacht. Horstos schob ihm einen Becher entgegen mit einem freundlichen "Prost! Sagt mal, geht's hier immer so zu?".

Doch Zeiram sah im Moment noch alles andere als fit aus, so dass Horstos schon die Wahrscheinlichkeiten abschätzte, ob sein Gegenüber ihm diese Frage beantworten könnte oder gleich wieder unter den Tisch rutschen würde ...

Eigentlich wollte Kar Shei' auch zur Party kommen, doch als er durch das Burgtor trat, stellte er fest, dass nur noch Zeiram und ein ihm unbekannter Geselle einen Humpen Wein tranken.

"Mist ... immer muss ich die Partys verpassen", rief er etwas verstimmt aus, als Lady Ulrike und Yerho an ihm vorbei rannten.

"Äh, hallo ...", weiter kam er nicht mehr, da waren schon beide im nächsten Haus verschwunden. Eigentlich war ihm neu, das Lady Ulrike und Yerho fangen spielten, aber das waren anscheinend die Nachwirkungen der Party.

Kar Shei' ging in Richtung Saal, als er ein Plätschern wahrnahm und ein nettes Rinnsaal, welches aus der Latrinengegend kam.

"Was ist hier eigentlich los? Chaos, okay! Aber die Party verpasst, Lady Ulrike mit Besen wird von Yerho verfolgt und die Burgmauer in der Nähe des Eingangs ist verkokelt. Also entweder gab's hier nen miesen Bewerber oder die Party muss ziemlich ausschweifend gewesen sein."

Währenddessen hatten Lady Ulrike und Yerho den Kleiderräuber und seinen Kumpanen eingeholt.

"Na warte, Du widerliche ...", Lady Ulrike schlug wild mit ihrem Besen um sich und hätte dabei fast Yerho erwischt.

"Au, au, au! Aufhören! Ich ergebe mich, bitte nicht mehr schlagen ....", jammerte der Kleiderdieb und ging zu Boden.

Yerho stürzte sich sofort auf ihn und drückte ihn nieder.

Während der andere wild schreiend flüchtete, um nicht auch noch den Besen dieser völlig hysterischen Lady zu spüren.

Doch an diesem Kerl hatte Lady Ulrike gar kein Interesse. Sie riss diesem Räuber die Kleider vom Leib - dabei übertrieb sie wohl etwas, denn kurz darauf lag der Dieb nur noch in Unterhosen vor ihnen.

Jetzt stutzte Lady Ulrike. Das war ja ein Kerl!

"Du Wüstling! Wenn du schon solch eigenartigen Trieben nachgehen musst, dann kauf dir gefälligst selbst ein paar Kleider!

Yerho hatte den Dieb derweil losgelassen und krümmte sich vor Lachen auf dem Boden.

Jetzt konnte auch Lady Ulrike sich nicht mehr beherrschen. Selbst der kleine Walddämon, den Lady Ulrike zum Geburtstag bekommen hatte, und der sich bis dato völlig verstört auf ihrem Rücken festgekrallt hatte, kicherte in eigenartigen Tönen.

Und während sich Yerho, Lady Ulrike und der Walddämon wiehernd auf dem Boden kugelten, flüchtete der Dieb nur in Unterhosen und einem vermummten Gesicht.

Als sie es bemerkten, rannte Yerho dem Kerl sofort nach, doch er erwischte ihn nicht mehr, denn wieselflink rannte der Schurke quer über den Hof und geradewegs in Reigams Magierturm.

Yerho fand, dass er ihn Reigam ruhig überlassen konnte, und kehrte zu Lady Ulrike und dem Walddämon zurück, die das blaue Kleid und die ursprüngliche schwarze Kleidung auseinandersortierten (wobei der Walddämon eine Handvoll Smaragde entdeckte und unauffällig verschwinden ließ). Plötzlich stutzte die Lady und zog ein kleines gebundenes Buch aus einer schwarzen Tasche.

"Was ist denn das?" Sie las den Titel. "Handbuch für den erfolgreichen Meuchel... mör..." Sie schluckte und war plötzlich ganz blass. "Sir Yerho!!"

Yerho schaute über ihre Schulter, als sie das Buch öffnete.

"1. Kapitel

Wie man in eine gut bewachte Drachenburg hineinkommt, jemanden meuchelt und unerkannt wieder verschwindet.

1. Reingehen.

2. Meucheln.

3. Verschwinden."

"Äh", sagte Yerho. "Wie gut, dass er dieses Handbuch hatte, sonst hätte er es wohl nie gelernt..."

"Aber darum geht es doch gar nicht!" sagte Lady Ulrike, die noch immer weiß um die Nase war, während der Walddämon hoffnungsvoll durch die schwarze Kleidung kroch. "Der wollte jemanden UMBRINGEN! Einen von uns! Vielleicht den DRACHENMEISTER.... oder Sir Jerron.... oder Arathas... vielleicht sogar RASPEL!!!"

Jetzt wurde auch Yerho blass.

Jerron versuchte zu atmen. Aber irgendwie ging das nicht. Seine Lungen füllten sich mit Wasser und er begann wild mit Armen und Beinen um sich zu schlagen. Sein ganzes armseliges und vertanes Leben zog in sekundenschnelle an ihm vorbei. "Hätte ich doch nur auf meine Mutter gehört und schwimmen gelernt", war sein letzter Gedanke, bevor sich seine klammen Finger um ein Abflussrohr schlossen. Wohlige Wärme breitete sich zwischen seinen Beinen aus. "Na ja, ich wollte ja genau deswegen zur Latrine", sagte sich Jerron, bevor er laut hustend und nach Luft schnappend endlich seinen Kopf über die Wasseroberfläche brachte.

Aha! Da, aus diesem Rohr ergoss sich ein stetiger Wasserschwall! "Wer ist hier eigentlich für Klempnerarbeiten zuständig?" fragte sich Jerron. "Wir haben hier haufenweise Leute für sinnlose Aufgaben, einen Henker, einen Barden, einen Reittroll, aber keiner ist für Abwasserrohre zuständig! Was haben wir denn noch? Die Hofmalerinnen, den Schlüsselwächter, den ... Moment mal, der Schlüsselwächter hat dafür zu sorgen, dass alle Abwasserrohre verschlossen sein müssen!" Glücklich, einen Sündenbock gefunden zu haben ging er mit quietschenden Stiefeln, seine mittlerweile alles andere als weiße Kutte auswringend wieder gen Burghof.

Als er gerade um eine Ecke bog, rutschte er in einer Pfütze aus und knallte unsanft auf den Boden. Eine Welle grellen Lichts breitete sich hinter seinen Augen aus und eine Vision überkam ihn:

Lady Ulrike und Yerho standen auf dem Burghof, nicht ahnend, dass einige Stockwerke über ihnen Dreibuchstabens Feiertagsrüstung (mit aggressiv aufgeklappter stählerner Krawatte) aus einem Fenster geschoben wurde und jeden Moment auf sie drauffallen konnte.

Jerron zwang sich aufzuwachen und stürzte sofort eiligst in den Burghof hinaus, und er blieb nur kurz stehen, als ihm einfiel, dass er seine Vision nicht zu Ende gesehen hatte und somit nicht sehen konnte, ob er noch rechtzeitig im Burghof ankommen werden würde...

Es war ein perfekter Plan: Niemand kann dafür verurteilt werden, nur weil sich eine zum Lüften rausgehängte Kleidung selbständig machte...

Der scheppernde Aufprall der Rüstung vermischte sich mit dem vokallastigen Warnschrei Jerrons, der fassungslos die Szene betrachtete.

Yerhos seltsam abwesender Blick gab einem Meister der Kombinatorik, wie der Seher einer war, beredt Zeugnis darüber ab, wo die Rüstung aufgeschlagen war.

Den weniger Gesegneten hätte sicher alle Notwendige dem rätselnden Blick von Lady Ulrike entnehmen können, der langsam zwischen Yerhos Kopf und dem verbeulten Haufen Altmetall umher wanderte, der auf den Boden seine letzte Ruhestätte gefunden hatte.

"Das wird Dreibuchstaben nicht gefallen", leierte Yerho, drehte die Augen nach hinten und fiel mit einiger Verspätung neben der Rüstung zu Boden. Die Nervenbahnen seiner Reptilienform hatten eine Weile gebraucht, um die passende Reaktion für den Aufschlag einer Rüstung hervorzukramen.

Jerron verhielt seinen Schritt vor Lady Ulrike und deutete eine Verbeugung an. "Zum Glück ist nichts Schlimmes passiert", meinte er optimistisch.

Das ferne Gebrüll von Dreibuchstaben belehrte ihn eines Besseren.

Über den Burghof hallte ein dämonisches Lachen. Dann legte der Asinine Assassine das Megaphon zur Seite, blickte sich in der Turmkammer um, stahl noch schnell den einen oder anderen Wertgegenstand und schaute dann zu dem Atonalen Attentäter hin, der sich selbstverliebt in DtKs mannshoher Streitaxt spiegelte. "Komm schon! Weg hier!"

Widerstrebend trennte sich der Atonale Attentäter von seinem Spiegelbild. Sie huschten wieselflink aus der Kammer und eilten die Treppe hinunter.

Sie kamen gerade bis zur ersten Biegung, als sie mit einem Fremdling zusammenstießen. Dunkles Haar ragte unter der Kapuze hervor, die tief ins Gesicht gezogen war.

"Wer ist der denn?" flüsterte der Atonale Attentäter erschrocken.

Der Asinine Assassine zuckte mit den Schultern und drängte sich ungeduldig an dem Unbekannten vorbei. Eine kräftige Hand krallte sich in seinem Oberarm und hielt ihn fest.

"Einen Moment. Ich komme von weit her und bin auf der Suche nach einem Magier. Aber wie ich sehe, herrscht auf dieser Burg reinstes Chaos."

"He, lass ihn sofort los!" Das Donnern einer schweren Rüstung im Ohr, die sich von oben hinter ihnen herwälzte, stieß der Atonale Attentäter den Fremden gegen die Wand.

Ein stahlblauer Blick traf ihn, als die Kapuze zur Seite rutschte.

Ehe er es sich versah, lag die ellenlange Klinge eines Speeres an seinem Hals. "Hast du ein Problem?"

Im Dunkel des Treppenhauses war das Blau des Haares kaum zu erkennen. Der Asinine Assassine wusste trotzdem sofort, wen er vor sich hatte.

"Du liebe Güte, eine Wallonenkriegerin! Wenn die auf Dreibuchstaben trifft, fliegen hier die Fetzen. Los, weg!"

Rücksichtslos riss er den Atonalen Attentäter mit sich fort.

Im selben Augenblick stampfte eine blecherne Dampfwalze um die Biegung.

Noch einige Male wandte sich der Atonale Attentäter um, doch der Asinine Assassine zerrte ihn einfach hinter sich her auf den Burghof. "Was ist so schlimm an der?"

"Hast du nie von den Wallonen gehört?" Der Asinine Assassine zerrte ihn in eine dunkle Ecke und ließ ihn endlich los.

"Sollte ich?"

"Diese Weiber hassen alles, was wie ein Mann aussieht, sagt man. Sie sind schneller im Kampf als ich beim Stehlen und viel stärker als sie aussehen. Man sagt, sie haben die Kraft der Drachen."

"Drachen?"

"Hast du ihr Halsband nicht gesehen? Wärst du nicht dazwischengestanden, wäre es jetzt meins."

Der ätzende Unterton entging dem Atonalen Attentäter keineswegs. "So schnell wie der Speer an meinem Hals war, wärst du tot gewesen, das schwör ich dir", keuchte er. "Armer Dreibuchstaben. Er kann einem fast leid tun." Sein Kichern ging beinahe in dem Poltern unter, das von der Treppe kam.

"Aus dem Weg!", donnerte eine tiefe Stimme über den Burghof.

Als die beiden Strolche aus der Tür wieder in den Burghof traten, bot sich ihnen ein äußerst bizarres Bild:

Ein klatschnasser Seher starrte auf Yerhos Körper, der zwar regungslos auf den Pflastersteinen lag, sich aber offenbar nicht so ganz über seine gegenwärtige Erscheinungsform einigen konnte. Im Moment erschien er als gelb-rosa punktiertes ... äh ... DING mit mehreren Tentakeln und einer riesigen Nase auf dem Bauch.

Der Asinine Assassine konnte sich nur mühsam von diesem spektakulären Anblick losreißen, als ihn Lady Ulrike erblickte. "Da ist er ja, der Kleiderräuber!!!" brüllte sie und schwang ihren Besen.

Der Asinine Assassine und der Atonale Attentäter sahen sich kurz entsetzt an und stoben dann in entgegengesetzte Richtungen davon.

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